Weitere Blutgruppensysteme
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Ein Blutgruppensystem kann aus einem oder mehreren Antigenen bestehen, die auf der Membran der roten Blutkörperchen liegen und gegen welche andere Individuen der gleichen Spezies Antikörper (sog. Allo-Antikörper) bilden können. Die Zuordnung von Antigenen zu einem Blutgruppensystem erfolgt über die für sie kodierenden Gene. Jedes Blutgruppensystem muss nach Definition genetisch von anderen abgesondert sein. Dies ist auf zwei Arten möglich:
- Die Antigene des Blutgruppensystems werden durch ein einziges Gen codiert. Sie sind deshalb verschiedene Ausprägungen eines einzigen Gens (Allele).
- Die Antigene des Blutgruppensystems werden durch mehrere eng verbundene homologe Gene codiert, zwischen denen nahezu keine Rekombination stattfindet.
Blutgruppensysteme nach ISBT
ISBT N° | Gebräuchlicher Name | Abkürzung | Anzahl Antigene |
---|---|---|---|
001 | AB0 | AB0 | 4 |
002 | MNS | MNS | 46 |
003 | P | P1 | 1 |
004 | Rhesus | RH | 46 |
005 | Lutheran | LU | 18 |
006 | Kell | KEL | 24 |
007 | Lewis | LE | 6 |
008 | Duffy | FY | 6 |
009 | Kidd | JK | 3 |
010 | Diego | DI | 21 |
011 | Yt | YT | 2 |
012 | Xg | XG | 2 |
013 | Scianna | SC | 3 |
014 | Dombrock | DO | 5 |
015 | Colton | CO | 3 |
016 | Landsteiner-Wiener | LW | 3 |
017 | Chido/Rodgers | CH/RG | 9 |
018 | Hh | H | 1 |
019 | Kx | XK | 1 |
020 | Gerbich | GE | 7 |
021 | Cromer | CROM | 10 |
022 | Knops | KN | 7 |
023 | Indian | IN | 2 |
024 | Ok | OK | 1 |
025 | Raph | RAPH | 1 |
026 | John Milton Hagen | JMH | 1 |
027 | Ii | I | 2 |
028 | Globoside | P | 3 |
029 | GIL | GIL | 1 |
030 | Rh-associated glycoprotein | RHAG | 1? |
Kell-System
Das Kell-System ist das drittwichtigste System bei Bluttransfusionen. Bei Blutspendern in Deutschland und Österreich wird regelmäßig auf den Kell-Antikörper getestet.
92 % der Menschen sind Kell-negativ (kk) und sollten nur Kell-negatives Blut erhalten. 7,8 % sind mischerbig Kell-positiv (Kk) und können Blut mit positivem und negativem Kellfaktor erhalten. Nur 0,2 % der Menschen sind reinerbig Kell-positiv (KK) und brauchen Kell-positives Blut. 99,8 % aller Menschen können mit Kell-negativem Blut versorgt werden, trotzdem benötigen Krankenhäuser sowohl Kell-negatives wie Kell-positives Blut. Blutspenden mit einem positiven Kell-Faktor (KK oder Kk) können nur in wenigen Ausnahmefällen (wie z. B. Schwangerschaft) nicht verwendet werden.
Die Vererbung ist noch nicht vollständig geklärt. Derzeit wird von vier antigenen Typen ausgegangen, die stark polymorph sind, was ähnlich den MHC-Genen zu starker Variation auch bei enger Verwandtschaft führt (GeneID 3792). Der Kell-Antikörper (Anti-K, K1) wird genetisch gemeinsam mit dem Cellano-Antikörper (Anti-k, K2) zum KC-System zusammengefasst, da die Proteine sehr ähnlich sind. Die Namen dieser Antikörper vom IgG-Typ sind jeweils nach schwangeren Patientinnen benannt – Antikörper des Kell-Cellano-Systems können zu schweren Zwischenfällen bei Transfusionen und Schwangerschaften führen.
MN-System
Im MN-System existieren drei Phänotypen, verursacht durch drei Genotypen, die durch die Kombination von zwei kodominanten Allelen entstehen:
phänotypisch | genotypisch |
---|---|
M | MM |
N | NN |
MN | MN |
Das MN-System wird den weiteren Antigenen S, s und U zum MNS-System zusammengefasst.
Duffy-System
Der Duffy-Faktor ist ein Antigen und zugleich ein Rezeptor für Plasmodium vivax, den Erreger der Malaria tertiana. Duffy-negative Merkmalsträger sind resistent gegen diesen von der Anophelesmücke übertragenen Erreger, da der veränderte Rezeptor den Kontakt mit der Wirtszelle verhindert (GeneID 2532).
Weitere Systeme
Cellano, Kidd (Jk), Lewis, Lutheran (Lu), MNSs, P und Xg sind die Bezeichnungen für weitere Blutgruppensysteme. Sie stehen für weitere Antikörper gegen Blutbestandteile, die in der Regel nach den Patienten benannt worden sind, bei welchen sie zuerst beobachtet wurden. Weist ein Patient die entsprechenden Antikörper im Blut auf, kann es zu gefährlichen, wiederholbaren Komplikationen nach einer Bluttransfusion kommen. Zumeist ist nur der Antikörper bekannt, der mit einem Test (Verklumpung mit Testblut) nachgewiesen werden kann, während die genetischen Ursachen noch nicht bekannt sind.
Bei der Untersuchung auf Blutgruppen erfolgt heute regelmäßig die Untersuchung auf seltene Antikörper. Deren positives Ergebnis muss bei der klinischen Angabe der Blutgruppe jeweils einzeln vermerkt werden. Diesen Patienten kann nur Eigenblut oder Blut von anderen Trägern mit der gleichen Besonderheit gegeben werden.
Seite „Blutgruppe“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 19. Februar 2013, 11:38 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Blutgruppe&oldid=114403710 (Abgerufen: 3. März 2013, 14:31 UTC)